Mitglieder der Architektenkammer Baden-Württemberg und bauinteressierte Laien besichtigten am Samstag, 28. Juni 2003, dem "Tag der Architektur"
, auch die neuapostolische Kirche Esslingen-Berkheim, Filderstraße 101.
Am jährlichen "Tag der Architektur", der bundesweit am letzten Juni-Samstag veranstaltet wird, sind Architekten und am Bauen interessierte MitbürgerInnen zur Besichtigung von "Architekturbeispielen, die sich aufgrund ihrer Gestaltung, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit auszeichnen", eingeladen. Die Tour im jeweiligen Kammergruppenbezirk führt zu jeweils fünf bis sieben öffentlichen oder privaten Gebäuden, die unter fachkundiger Führung zu besichtigen sind. Im Landkreis Esslingen wurde dabei neben Industriebauten, einer Schule und einem Altersheim dieses Jahr die 2002 eingeweihte neuapostolische Kirche in Esslingen-Berkheim, Filderstraße 101, aufgesucht.
Rund 70 Teilnehmer drängten sich um 16:45 Uhr am Eingang der Kirche unter dem Emblem der Neuapostolischen Kirche an einer Wandstele und nahmen dankbar das Angebot an, im Kirchensaal Platz zu nehmen. Nach einleitenden Worten des Kammervorsitzenden, Architekt Gottfried Müller, der die Rundreise führte, hieß der "Hausherr", Gemeindevorsteher Thomas Müller, alle herzlich willkommen und skizzierte ein Bild der neuapostolischen Gemeinde Berkheim als lebendige Kirchengemeinde, die alle Räume des "Gemeindezentrums" gerne in Besitz genommen hat.
Als Vertreter der Bauherrenorganisation erläuterte Architekt Joachim Raff, Leiter der Bauabteilung der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland, den Werdegang des Projekts. Nachdem die aus dem Jahr 1955 stammende dreigeschossige Vorläuferkirche vor allem aufgrund fehlender Nebenräume für Kinder, Jugend und Senioren, fehlender Barrierefreiheit und des für die gewachsene Gemeinde inzwischen zu klein gewordenen Kirchensaals nicht mehr den heutigen Anforderungen entsprach, hatte sich die Kirchenleitung 1997 nach umfassender Projektentwicklung zum Neubau einer Kirche als wirtschaftlichste Lösung für den Bedarf der Kirchengemeinde entschlossen. Zunächst versuchte man, ein neues Grundstück zu finden, entschied sich aber nach entsprechenden Vorstudien dann 1998, auf dem vorhandenen gut gelegenen Grundstück zu bleiben und dabei die Topografie des Geländes für die Anordnung von Stellplätzen unter dem Kirchengebäude zu nutzen. In der Bauabteilung entstand unter der Leitung des Architekten Jürgen Loy durch die damals freie Mitarbeiterin der Bauabteilung, Architektin Diane Klein, zusammen mit weiteren Mitarbeitern Entwurf und Planung des Kirchengebäudes. Mit der örtlichen Bauleitung war der freie Architekt Siegfried Klein aus Wendlingen beauftragt.
Architektin Diane Klein erläuterte den Besuchern die Grundzüge der Architektur und der Raumfunktionen:
Der längs der Mittelwandscheibe angeordnete Kirchensaal mit 170 Plätzen unter einem zum Altar hin hochschwingenden, durch Fensterbänder abgelösten Dach in Holzkonstruktion, das wie alle Dachelemente des ganzen Hauses begrünt ist. Auf der anderen Seite entlang eines großzügigen Korridors angeordnete Nebenräume wie die Sakristei und die beiden mit flexibler Trennwand verbundenen Gruppenräume. Alle notwendigen Räume sind von der oberen Ebene aus barrierefrei erreichbar. Im Erdgeschoss, mit dem Eingang von der Tiefgarage aus, sind weitere Nebenräume angeordnet und durch ein ansprechend gestaltetes Treppenhaus verbunden.
Besondere Akzente in dem lichtdurchfluteten, von weißem Putz, Parkett und dunkelgrauem Kunststein geprägten Gebäude sind die künstlerisch gestalteten Fenster von Birgit Entenmann (Korb) und die zweimanualige Pfeifenorgel mit 10 Registereinheiten des Orgelbaumeisters Michael Kreisz aus Berglen. Aufmerksamkeit erregte auch der so genannte "Eltern-Kind-Raum", eine familioenfreundliche Einrichtung, die in allen neuapostolischen Kirchen zum Raumprogramm gehört. Er ist an den Sakralraum angeschlossen und ermöglicht Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern die Gottesdienstteilnahme, ohne befürchten zu müssen, dass die Kleinen die Andacht der anderen Kirchenbesucher stören würden. Die Kinder brauchen in diesem Raum nicht unbedingt still zu sitzen, die Erwachsenen haben mittels einer großflächigen schalldichten Glasscheibe Sichtkontakt zum Altar und hören die Predigt über Lautsprecher.Insgesamt bezeichneten die Besucher das Gemeindezentrum als "familienfreundliche Kirche". Nach einer von der Jugend der Gemeinde angebotenen Erfischung, die an diesem über 30 Grad heißen Sommernachmittag besonders gut tat, schwärmten sie im ganzen Gebäude aus, um hinter alle "offenen Türen" zu schauen. Dabei interessierten sie sich nicht nur für das Gebäude selbst, sondern auch für die Aktivitäten der Kirchengemeinde und der Neuapostolischen Kirche überhaupt, was beim Blick in die ausliegenden Broschüren und Gemeindeinformationen, aber auch in anregenden Gesprächen deutlich wurde. Auch blätterte man eifrig in der Dokumentation "50 Jahre Bauabteilung der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland", die zahlreiche weitere Bauprojekte darstellt.
Der Kammervorsitzende der Architektenkammer, Kammergruppe Esslingen, Gottfried Müller, äußerte neben seinem Dank für die freundliche Aufnahme und Erläuterung seine Anerkennung und Glückwünsche für das Bauwerk und seine Nutzer. Dem schlossen sich viele der "Architektour"-Teilnehmer persönlich an, sodass, als für sie die "Architektour" weiterging, den Vertretern der Kirche, unter ihnen auch der Vorsteher des Kirchenbezirks Esslingen, Bezirksältester Hans-Joachim Lörcher, Freude und Zufriedenheit, jedoch auch ein bisschen Stolz und große Dankbarkeit ins Gesicht geschrieben stand ...