(20.4.2012) Zu diesem Thema referierte Dr. Nils Schmid MdL, Minister für Finanzen und Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg, am Donnerstagabend, 19. April 2012, im Rahmen des "Forums für Unternehmer und Führungskräfte" der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland.
Er sprach zu einem interessierten, fachkundigen Publikum, das auch gern die Gelegenheit nutzte, nach dem Vortrag Fragen zu stellen, und sich im Anschluss in regen Gesprächen austauschte.
Nachhaltigkeit sei eine Aufgabe in unterschiedlichen Bereichen, meinte Bezirksapostel Michael Ehrich, Präsident der Gebietskirche Süddeutschland, als er den Abend mit einer auf den Fachvortrag hinführenden Ansprache einleitete. Beispielhaft erwähnte er das Leitmotiv, das sich die Gebietskirche bezüglich des Kirchenbaus gegeben hat: "Nachhaltiges Bauen ist richtiges Bauen". Dies bedeute, auf die Gemeinde bezogene "maßgeschneiderte Lösungen" anzustreben, die sich durch sparsamen Umgang mit Ressourcen aller Art auszeichneten. Nachhaltige Gebäude seien wirtschaftlich effizient, umweltfreundlich und funktional.
Auch bei Gemeindezusammenführungen gehe es um Nachhaltigkeit, so der Bezirksapostel weiter, denn Ziel sei, nachhaltig aktive, lebendige Gemeindestrukturen zu haben.
"Sozial und ethisch verantwortlich Handeln ist natürlich erst recht ein Thema, das Christen angeht", griff er einen anderen Aspekt im Titel des Vortrags auf. Die ethisch-moralische Verantwortung nicht nur für das eigene Leben sei schließlich eine wichtige Schnittstelle von politischem und kirchlichem Handeln. Ferner sprach der Bezirksapostel das Soziale im Wortsinn – an das Wohl anderer zu denken und anderen zu helfen – an und erwähnte das ehrenamtliche Engagement. Dies wird in der Neuapostolischen Kirche ganz groß geschrieben.
So sind allein in Süddeutschland – wo es knapp 800 neuapostolische Gemeinden hat – 6.750 Amtsträger als Seelsorger für die 115.000 Mitglieder ehrenamtlich tätig. Weitere 3.250 Frauen und Männer engagieren sich ehrenamtlich als kirchliche Lehrkraft (in Sonntagsschule, Religionsunterricht, Konfirmandenunterricht). Dazu kommen viele, die sich bei der Jugend betätigen (zum Beispiel als Jugendbetreuer, Jugendbegleiter), und weitere Kirchenmitglieder, die sich auf unterschiedlichen Gebieten unentgeltlich und uneigennützig zum Wohl der Gemeinden engagieren, angefangen bei Übersetzungen von Gottesdiensten für Anderssprachige und aufgehört bei denen, die sich und ihre Fähigkeiten auf dem Gebiet der Kirchenmusik einsetzen.
Neben dem kirchlichen hätten sich viele neuapostolischen Christen allgemeines bürgerschaftliches Engagement auf die Fahne geschrieben, informierte der Bezirksapostel, zum Beispiel bei und zugunsten von Hilfsorganisationen, wo sich Kirchenmitglieder in Benefiz-Veranstaltungen einbrächten.
Der Minister zitierte zu Beginn seines Vortrags den vormaligen Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen Karl Schiller und die bekannte Maxime "So viel Markt wie möglich – so viel Staat wie nötig". Die Freiheit, die Unternehmen bräuchten, um innovativ zu sein und die Bedürfnisse ihrer Kunden zu befriedigen, gehe einher mit großer Verantwortung: für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Umwelt und die Gesellschaft. "Damit diese Objekte der Verantwortung nicht vom guten Willen wohlwollender Akteure abhängig sind, muss ihre Freiheit wiederum durch klare Regeln geschützt werden", folgerte der Minister.
Das bedeute allerdings nicht, dass sich der Einzelne im wirtschaftlichen Bereich mit Verweis auf diese Regeln seiner Verantwortung entziehen könne: "Niemand kann den Mantel der Menschlichkeit am Büroeingang einfach abstreifen!" Gut funktionierende Regeln schützten auch den Unternehmer, denn sie gewährleisteten, dass ein freier Wettbewerb auch ein fairer Wettbewerb sei, meinte der Minister weiter. Solche Regeln und Standards hätten zu gewährleisten, dass unsoziales oder gar asoziales Handeln nicht belohnt werde.
Die Gesellschaft müsse, so Schmid, vielmehr den Anspruch haben, dass Fairness belohnt und Dumping bestraft werde. Aufträge der öffentlichen Hand sollten seiner Ansicht nach folglich nur an solche Unternehmer vergeben werden, die ihre Mitarbeiter nach Tarif bezahlten. Es sei immens wichtig, ethische Verantwortung jenseits der Gewinnmaximierung auszuüben.
Der Minister wünschte, die Unternehmer und Führungskräfte möchten stets "das Gespür behalten, wie es in der Gesellschaft aussieht" und es sich für die Arbeitswelt und die herrschenden Verhältnisse bewahren. Es brauche, um hier ethisch verantwortlich zu handeln, nicht nur die Sicht des Unternehmers und Geschäftsführers, sondern auch die der Mitarbeiter. Man dürfe auch nicht vergessen, dass sich das gesellschaftliche Umfeld, in dem sich Unternehmen bewegten, verändere: Der Anspruch an diese sei, sich gemeinwohlorientiert zu verhalten.
Die Gesellschaft habe "Sensoren dafür, ob zum Beispiel CSR-Aktivitäten [CSR = Corporate Social Responsibility] aufrichtig gelebt werden oder nur ein Feigenblatt neben dem eigentlichen Geschäft sind". In Anspielung auf ein bekanntes Bibelzitat meinte er, würden Unternehmen hier "gewogen und für zu leicht befunden" (vgl. Daniel 5,27), könnten sie auf dem Markt schnell einen schweren Stand haben.
Ethisches, ökologisch und sozial verantwortliches Verhalten sei nicht nur ein sittliches, sondern auch ein wirtschaftliches Erfordernis, so der Minister weiter. Nachhaltigkeit habe vielerlei Facetten: u.a. in ökologischer Hinsicht – als Christ sprach er hier von der "Verantwortung für Gottes Schöpfung" –, in sozialer Hinsicht, in ökonomischer Hinsicht. Wirtschaftliche Stärke und Nachhaltigkeit im erwähnten Sinn seien im Grunde, lautete sein Fazit, "die zwei Seiten einer Medaille".
Diese Veranstaltung mit Minister Dr. Schmid war die elfte des 2009 gegründeten Forums für Unternehmer und Führungskräfte ("FUF"). Es hat sich im Begegnungs-, Kultur- und Kommunikationszentrum der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland "Forum Fasanenhof" in Stuttgart-Möhringen etabliert. Das "FUF" soll als Plattform für Kommunikation und Erfahrungsaustausch innerhalb der Kirche Unternehmen und Führungskräften die Möglichkeit bieten, sich untereinander auszutauschen. Hier können positive Impulse gegeben werden zu Themen wie "Ethik und Unternehmertum" und Denkanstöße zur Gestaltung und Weiterentwicklung von Unternehmens- und Führungskulturen entstehen.
"Im Spannungsfeld von Globalisierung, Konkurrenz- und Margendruck, von Erfolgszwang und sozialer Verantwortung sind Beiträge zur ethischen Orientierung in unserer Gesellschaft wichtiger denn je", wird dazu in den "FUF"-Grundsätzen ausgeführt. Unter diesen Gesichtspunkten bietet das "FUF" Vorträge und Themenabende an.
Die Auftaktveranstaltung mit Bezirksapostel Michael Ehrich war am 23. Januar 2009; als Referent in dieser ersten "FUF"-Veranstaltung hatte Professor Dr. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, gewonnen werden können. Auch Professor Dr. h. c. mult. Reinhold Würth, Unternehmer sowie Kunst- und Kulturmäzen, gehört zum hochkarätigen Referentenkreis im Forum für Unternehmer und Führungskräfte .