(6.5.2011) Bezirksapostel Michael Ehrich, Präsident der Gebietskirche Süddeutschland, ist verantwortlich für rund 800 Gemeinden hierzulande, mit insgesamt 115.000 Mitgliedern, darunter 6.700 Amtsträger.
Zudem ist ihm die Verantwortung für Gebiete im Ausland übertragen: Zu seinem außerdeutschen Arbeitsbereich gehören 30 betreute Länder und Gebiete mit insgesamt rund 8.000 Gemeinden – das bedeutet: rund 1,3 Millionen Kirchenmitglieder und 23.000 Amtsträger.Seit Ostern 2006 steht Michael Ehrich als Bezirksapostel in dieser hohen Verantwortung. Bei seinem Amtsantritt am 23. April 2006 war er mit 47 Jahren der Jüngste im Kreis der Bezirksapostel, die die engsten Mitarbeiter des Stammapostels sind, des Leiters der weltweit verbreiteten Kirche. Bezirksapostel Ehrich ist viel auf Reisen: um die Bezirke und Gemeinden in seinem großen Arbeitsbereich zu besuchen, als Mitglied in der Bezirksapostelversammlung, dem höchsten Beratungsgremium des Stammapostels zur Leitung der Neuapostolischen Kirche (NAK), sowie in seiner Tätigkeit in verschiedenen internationalen kirchlichen Arbeitsgruppen. Sitz der Gebietskirche Süddeutschland ist Stuttgart. Von hier aus wird die administrative Betreuung des gesamten Bezirksapostelbereiches organisiert. Ein zweites Büro hat der Bezirksapostel in Karlsruhe, dem ehemaligen Sitz der vor Jahren noch eigenständigen Gebietskirche Baden, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, oft arbeitet er auch in seinem Büro zu Hause.Im Rückblick auf die nun fünfjährige Amtszeit als Bezirksapostel haben ihm Heike Stiegler, Mitglied im süddeutschen Rundfunk-Redaktionsteam , und Susanne Raible, Pressesprecherin der Gebietskirche, Fragen gestellt: Wenn man so eine Aufgabe übernimmt, hat man in der Regel gewisse Vorstellungen bzw. Schwerpunkte, auf die man sich besonders konzentriert, "Etappen-Ziele", die man sich steckt und auf die man hinarbeitet. Hatten Sie solche Schwerpunkte? Und war es möglich, sie zu erreichen? Priorität hat stets die Seelsorge. Da sind zuerst die Gottesdienste zu nennen, aber auch die persönliche seelsorgerische Betreuung aller Brüder und Schwestern, oder z.B. Ämterversammlungen. Die persönliche Nähe des Seelsorgers zur Gemeinde ist eine der herausragenden Stärken unserer Kirche. Von daher war die Aus- und Weiterbildung der Amtsträger ein vorrangiges Ziel. Dazu haben Sie 2009 die Akademie der Gebietskirche Süddeutschland ins Leben gerufen. Wie ist die Akzeptanz? Können Sie uns etwas zur weiteren Planung sagen? Die Akzeptanz ist sehr gut! Sicher muss man immer mal wieder "unterwegs" die Organisation und auch die Inhalte kritisch überdenken, das tun wir auch. Zunächst haben wir für die Führungsverantwortlichen – also die Gemeindevorsteher und Bezirksämter [= Führungsverantwortliche in den Kirchenbezirken] – Veranstaltungen angeboten, wobei nicht die Wissensvermittlung im Vordergrund stand. Bis jetzt waren es 13 Veranstaltungen mit insgesamt ca. 800 Teilnehmern. Wir haben in Süddeutschland etwa 800 Gemeindevorsteher, dazu kommen 154 Bezirksämter – ein Großteil der Zielgruppe hat demnach das Angebot wahrgenommen. Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer äußerte sich sehr positiv. Zudem bieten wir theologische Seminare an. Hier geht es vor allem um Wissensvermittlung bzw. Wissensvertiefung. Das betrifft also grundsätzlich den Themenbereich "Gehaltvolle Predigt". Beispielhaft nenne ich aus dem ganztägigen Basisseminar "Einführung in das Alte und Neue Testament", "Dogmatik: Dreieinigkeit". Zielgruppe sind priesterliche Amtsträger, da waren es bisher zusammen um die 1.700 Teilnehmer. Auch hinsichtlich der theologischen Seminare kam viel Zustimmung. Außerdem haben wir vor, Podcasts zu verschiedenen Anlässen – auch theologischen Themen – anzubieten. Sie haben sich kürzlich im Kreis der Bezirksämter auch zum veränderten Kirchenverständnis der NAK geäußert. Warum? Es war mir wichtig, dem Kreis der führenden Amtsträger in den Bezirken einige ergänzende Gedanken an die Hand zu geben. Unsere Geschwister haben schlicht ein Recht darauf, von Amtsträgern seelsorgerisch bedient zu werden, die die Glaubensinhalte, zu denen auch das Kirchenverständnis gehört, bekennen und glaubwürdig vor der Gemeinde – und auch vor anderen Christen – vertreten. Manches Mal hat man den Eindruck, dass diejenigen Geschwister viel zu wenig Beachtung finden, die sich zustimmend, zuverlässig und in aller Stille in unseren Gemeinden mit ihrem Opfer und tatkräftigem, vielfältigen Engagement einbringen. Schon hier und da habe ich von der großen Wertschöpfung gesprochen, die damit erfolgt. Sie melden sich in den oft unsachlich geführten öffentlichen Diskussionen aus ihrem Selbstverständnis heraus kaum zu Wort. Es wäre absolut verfehlt, würden wir sie vernachlässigen und uns nur auf diejenigen einlassen, die sich in den einschlägigen Foren lautstark melden und im Grunde nichts anderes als eine andere NAK – und zwar ausschließlich in ihrem Sinne – wollen.Beim Formulieren unseres neuen Kirchenverständnisses kann es nicht darum gehen, inwieweit wir damit ökumenefähig sind oder nicht. Ebenso wenig kann es darum gehen, dass man Zugeständnisse an kritische Mitglieder macht. Es geht ausschließlich darum, Wahrheit zu erkennen. Der Stammapostel und die Bezirksapostel haben intensiv und unter viel Gebet darum gerungen, zu einem Ergebnis zu kommen, das nach bestem Wissen göttliche Wahrheit darstellt. Dabei wissen wir uns von den Aposteln unterstützt. Wer also Lehraussagen der Kirche, die durch das gesamte Apostolat gestützt sind, ablehnt, muss letztlich eben seine Konsequenz ziehen, wenn er in der Neuapostolischen Kirche nicht mehr seine geistliche Heimat zu erkennen vermag. Mir persönlich tut es um jeden Einzelnen sehr leid, aber um eine Entscheidung kommt niemand herum. Bei allem: Es darf nicht übersehen werden, dass es auch zum Thema "Kirchenverständnis" eine breite Zustimmung gibt. Die Gebietskirche Süddeutschland war in der NAK lange Zeit führend im Dialog mit Vertretern anderer christlicher Kirchen, Stichwort "Arbeitskreis Christlicher Kirchen". Mit Apostel Volker Kühnle stellt Süddeutschland den Vorsitzenden der nunmehrigen Arbeitsgruppe "Kontakte zu anderen Konfessionen/Religionen". Wie ist Ihre Position? Zum ökumenischen Dialog stehe ich positiv. Gemeinsam christliche Werte zu vertreten, sollte allen Christen wichtig sein. Der Schulterschluss der christlichen Kirchen ist – zumal in einer immer stärker säkularisierten Gesellschaft – von hoher Bedeutung. Wenn man das Verbindende betont, kann man sicher auch mehr erreichen. Dabei dürfen Unterschiede in der Lehre nicht übersehen werden. Vielmehr soll im ernsthaften Gespräch das eigene Profil auch Mitchristen gegenüber deutlich dargestellt werden. Dass bei einer klaren Positionierung auch gewisse Abgrenzungen erfolgen – explizit oder implizit –, liegt in der Natur der Sache. Das betrifft übrigens alle Beteiligte. Dadurch wird der andere nicht herabgewürdigt. Bei einem wirklich guten Miteinander kann man Unterschiede und sogar Spannungen aushalten.Dass wir Anhänger anderer Religionen in ihrer Glaubensüberzeugung achten, dass wir sie respektieren, steht außer Frage. Richten wir den Blick ins Ausland: Welche Ziele hatten Sie sich hier gesteckt? Ziel war bzw. ist die mittel- bis langfristige Verselbständigung der Schwesterkirchen auf administrativem und seelsorgerischem Gebiet – eine gewaltige Aufgabe! In der Ukraine hat dies z.B. dazu geführt, dass sich die Seelsorger aus Süddeutschland aus der Arbeit dort völlig zurückziehen konnten. Allein Apostel Prause habe ich derzeit noch dort beauftragt, den Prozess noch eine Weile zu begleiten. Dass es aber schon noch Zeit braucht, bis in Osteuropa oder den afrikanischen Ländern die Verselbständigung erreicht ist, versteht am besten, wer sich schon mal mit kirchlicher Arbeit in Schwellen- und Drittweltländern beschäftigt hat. In Westafrika führen wir derzeit die Verwaltungen in Accra/Ghana zusammen, auch ein Projekt, das einige Jahre in Anspruch nimmt. In Israel oder der arabischen Welt sehen wir uns wieder anderen Herausforderungen gegenüber. Es bleibt also noch viel zu tun. Ein ganz anderes Thema: Für die Gebietskirche Süddeutschland haben Sie einen "Beirat Finanzanlagen" gegründet. Was hat man sich da vorzustellen? Der Beirat berät mich bzw. die Kirchenleitung in Fragen der Finanzanlagen der Gebietskirche. Wie zu fast allen Themen gibt es auch hierzu viel Sachkompetenz in unserer Gebietskirche, und ich freue mich und bin sehr dankbar dafür, dass sich die Brüder und Schwestern auf vielen Gebieten zum Wohl des Ganzen einbringen. Der Beirat Finanzanlagen hat z.B. Anlage-Richtlinien erarbeitet, die mittlerweile in der Gesamtkirche hohe Relevanz haben. Wenn man einen solch großen Arbeitsbereich hat und für so viele Gläubige im In- und Ausland seelsorgerisch verantwortlich ist, dann ist die ganze Kraft gefordert. Woher holt sich ein Bezirksapostel die Kraft zum Weitermachen, wie können Sie persönlich "auftanken"? Ganz wichtig ist die Familie, meine Frau, die mich vorbehaltlos unterstützt, und unser kleiner Sohn, der ein wirklicher Sonnenschein ist. Schon oft sagte ich bei unterschiedlichen Gelegenheiten: "Wer sich keine Zeit für die Familie nimmt, dem nimmt die Zeit die Familie." Deshalb stelle ich auch diese und jenes um meiner Familie willen einmal zurück. Auch Freunde sind wichtig, da könnte man auch das obige Zitat verwenden. Da ich schon als Jugendlicher in der Gegend gelebt habe, wo meine Familie und ich heute noch sind, im Raum Karlsruhe, habe ich den großen Vorteil langjähriger vertrauter Verbindungen. Mit den Freunden aus der Jugendzeit haben wir immer noch regen Kontakt, das ist uns auch sehr viel wert. Auch die Verbindung mit dem Stammapostel sowie die brüderliche Zusammenarbeit im Bezirksapostelkreis sind stärkend. Dann empfinde ich auch in der Zusammenarbeit mit den Aposteln und Bischöfen stärkende Momente. Selbstverständlich haben in diesem Zusammenhang auch die Gottesdienste eine hohe Bedeutung, auch wenn man sie selbst zu halten hat. Über allem steht für mich das Bewusstsein: Alles, was ich tue, tue ich für meinen Herrn und Heiland Jesus Christus. Er hat mich zu dieser Aufgabe erwählt, der ewige Gott hat mich durch das Stammapostelamt mit dem entsprechenden Amtsvermögen ausgerüstet, und alles, was ich tue, tue ich wiederum für den Herrn. Insofern ist die Arbeit an sich auch immer wieder stärkend. Was stimmt Sie besonders dankbar? Dass ich mich von Gott geliebt weiß und Adressat der Verheißungen Jesu sein darf, bei den Seinen zu sein bis an das Ende der Welt sowie wiederzukommen und sein Werk zu vollenden. Damit verbunden ist das dankbare Bewusstsein: Auch für mich hat mein Heiland das Opfer zur Erlösung gebracht. Auch vielfältig erlebte Hilfe Gottes stimmt mich dankbar. Ebenso, dass ich meine Familie habe, dass so viele Amtsträger, Brüder und Schwestern sich in den Gemeinden aus Liebe zum Herrn und zu seinem Werk engagieren. Abschließend noch eine persönliche Frage: Hat der Amtsauftrag als Bezirksapostel Ihr privates Leben verändert? Ja, sehr sogar. Zuvor hätte ich nicht gedacht, was für eine große Umstellung dieser Amtsauftrag mit sich bringt. Da sind z.B. das Bewusstsein um die hohe Verantwortung auf geistlichem, aber auch auf organisatorischem Gebiet oder die Anforderungen der relativ vielen Reisen, auch in die betreuten Gebiete. Aber wenn man an der richtigen Stelle gelassen ist oder sich auch mal klar abgrenzt, geht das alles doch recht gut. Dabei bin ich mir der Hilfe und des Segens Gottes sehr bewusst. Auch der immer offene Weg zum Stammapostel ist sehr hilfreich. Also, es gibt keinen Grund zu klagen, aber viel Grund zum Danken und zur Freude.Jeden Sonntag und auch am Mittwoch- oder Donnerstagabend besucht der Bezirksapostel Kirchengemeinden in seinem Arbeitsbereich, um mit den Gläubigen Gottesdienst zu feiern. Alle knapp 60 Kirchenbezirke in Süddeutschland besucht er ca. alle 13-15 Monate. Bis zu seiner Ordination als Apostel im Jahr 1994 war Michael Ehrich in einem Versicherungskonzern in Führungsverantwortung tätig. Sein erstes Amt in der Kirche hatte er 1982 empfangen, 1990 wurde ihm die Leitung eines Karlsruher Kirchenbezirks anvertraut, bis er vier Jahre später in das kirchenleitende Apostelamt (für den Bereich Nordbaden und die Gebietskirche Madagaskar) und schließlich 2006 in das Bezirksapostelamt ordiniert worden ist.