Im "Notizblock", einem Materialdienst für Religionslehrkräfte in der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart, wird in der Ausgabe Nr. 40/2006 in einem von Dr. Dorothea Kaes verfassten Artikel auf das geänderte Tauf- und Heilsverständnis der Neuapostolischen Kirche eingegangen: Die Neuapostolische Kirche (NAK) überdenkt seit einigen Jahren ihr Verhältnis zu den anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften.
Anfang 2006 hat sie ihre Lehre in zwei Punkten geändert, die in diesem Zusammenhang bedeutsam sind.
Eine erste Änderung betrifft das Taufverständnis. Neu ist die volle Anerkennung der in anderen christlichen Kirchen gespendeten Taufen, vorausgesetzt, dass diese rite, d. h. im Namen des dreieinigen Gottes und mit Wasser vollzogen wurden. Damit ist die bisherige Lehre aufgehoben, wonach außerhalb der NAK gespendete Taufen der Bestätigung durch einen Apostel bedurften. Theologisch begründet wird die neue Sichtweise damit, dass "Gott selbst der Handlung Gültigkeit und Wirkung verleiht". Unverändert bleibt für die NAK jedoch die Zuordnung der Taufe zum Sakrament der Heiligen Versiegelung. Danach ist die Taufe "die erste und grundlegende Gnadenmitteilung des dreieinigen Gottes an den Menschen", sie führt in "ein erstes Näheverhältnis zu Gott"; erst gemeinsam mit der Heiligen Versiegelung bewirkt sie "die Wiedergeburt aus Wasser und Geist" und damit die Gotteskindschaft.
Ferner wurde das Verständnis von Heil und Exklusivität sowie von der Heilsnotwendigkeit der Apostel präzisiert. In diesen Fragen unterscheidet die NAK verschiedene Phasen des göttlichen Heilsplans. Im jetzigen Abschnitt ist das Amt der Apostel unerlässlich und insofern heilsnotwendig zur Bereitung der Brautgemeinde Christi für den Tag der Wiederkunft des Herrn. Das bedeutet aber nicht, dass damit alle anderen Menschen, die nicht zu dieser Brautgemeinde gehören, verloren sind. Insbesondere in den auf die Wiederkunft Christi folgenden heilsgeschichtlichen Abschnitten der großen Trübsal und des Tausendjährigen Friedensreiches und dann im Endgericht bietet Gott allen Menschen Heil und Erlösung an. Nach neuapostolischer Lehre können also "letztlich alle Menschen Heil erlangen ..., auch wenn sie nicht Mitglied der Neuapostolischen Kirche gewesen sind". Trotz der Heilsnotwendigkeit des Apostelamtes in der Jetztzeit erfahren andere christliche Kirchen und Gemeinschaften eine positive Würdigung, insofern es in ihnen "vielfältige Elemente von Wahrheit" gibt: "In diesem Sinn wirkt der Heilige Geist auch außerhalb der Neuapostolischen Kirche".
Diese bemerkenswerten Lehrkorrekturen wurden am 24. Januar 2006 auf einem Informationsabend im schweizerischen Uster von Stammapostel Wilhelm Leber zunächst den Amtsträgern und Lehrkräften vorgestellt und im Anschluss daran auf verschiedenen Wegen den Gemeinden und Gläubigen sowie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Sie stehen im Kontext einer grundlegenden Überarbeitung der neuapostolischen Lehre, die in die Neufassung des Katechismus der NAK münden soll.
Die Neuapostolische Kirche weiterhin zu den christlichen Sekten zu zählen, wie das bisher In einigen Religionsbüchern geschehen ist, scheint angesichts des neu formulierten Tauf- und Erlösungsverständnisses nicht mehr angemessen. Denn diese Lehränderungen bringen die Neuapostolische Kirche in eine größere Nähe zu anderen christlichen Kirchen und Gemeinschaften und sind daher zu begrüßen. Sie bestätigen die Entwicklungen, die sich seit einigen Jahren in der Neuapostolischen Kirche abzeichnen, und können als ein entscheidender Schritt auf ihrem Weg der ökumenischen Öffnung gewertet werden. Die Zitate im Text sind den jüngsten Stellungnahmen der Neuapostolischen Kirche zu Taufe und Heilslehre entnommen. Diese sind im Internet veröffentlicht unter: http://www.nak.de/news.de/20060124-380-de.
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