"Die 12 Gebote – Eine Ausstellung zum Anfassen und Erleben" war der Titel, der schon zu Beginn Fragen auslöste: Sind es nicht Zehn Gebote? Und wie soll man Gebote anfassen, geschweige denn erleben können? – Die neuapostolische Kirchengemeinde Marbach am Neckar präsentierte aus Anlass des 75-jährigen Gemeindejubiläums im Mai 2004 eine Ausstellung, deren Konzeption sich auf die zentrale Frage bezog: "Was bedeuten die Gebote für uns heute?"
Als Ergebnis wurde christliches Gedankengut aktuell interpretiert und in Situationen des täglichen Lebens eingebettet. Die zahlreichen Besucher, die im Lauf des Ausstellungsmonats Mai kamen, beurteilten die Ausstellung, wie aus einer anonymen Besucherbefragung hervorging, durchweg positiv. "Zwölf Gebote": Als elftes und zwölftes Gebot wurde das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe gezählt – theologisch nicht ganz korrekt, sind dies doch nicht weitere, zusätzliche Gebote zum Dekalog. Vielmehr fasste Jesus damit die Inhalte der Zehn Gebote zusammen. Aber den Marbacher Ausstellungsmachern schien dieser die bibelfesten Ausstellungsbesucher zuerst etwas irritierende Titel gerade der richtige Aufhänger zu sein – Aufmerksamkeit war so gegeben, Fragen entstanden, und die Gemeindemitglieder kamen in der Tat so in manches gute Gespräch mit Interessierten.Die Idee zur Ausstellung hatte einen längeren Vorlauf. So war der Gottesdienst des Stammapostels Richard Fehr an Pfingsten 2003 mit dem Inhalt "Wandelt in Gottes Geboten" Anlass für Überlegungen über das heutige Verständnis dieser Worte, die schließlich in die plastische Umsetzung mündeten. Bereits der Ausstellungsort – eine Kirche – zeigt, dass es hier weniger um ein museales "Sammeln – Forschen – Bewahren" ging. Vielmehr sollte jedes der Zehn Gebote sowie die zwei zusammenfassenden, Gott und den Nächsten zu lieben, irgendwie greifbar werden. Mittels Holzarbeiten sowie mechanischen und elektronischen Elementen wurde an den einzelnen Stationen durch Interaktion alltägliches Leben versinnbildlicht. Beispielsweise gab es zum ersten Gebot: "Ich bin der Herr, dein Gott" eine elektronische Schalttafel, auf der je nach manueller Einstellung die Lichter bei "Gott" oder bei "Götzen" aufleuchteten. Ziel war es, durch geschickte Schaltung nur das Licht in der Mitte – bei Gott allein – leuchten zu lassen. Ein kurzes Video zeigte Situationen im Leben eines Kindes, bei denen es die Eltern braucht; es zeigte aber auch die Bedürftigkeit der Eltern im Alter. Wer sorgt für die Eltern, wenn sie es selbst nicht mehr können? Soviel zu einer denkbaren, sozial durchaus relevanten Interpretation des vierten Gebots. Die Beispiele zeigen, dass die Ausstellung zwei Linien verfolgte: Durch Betrachten einerseits und durch spielerisches Ausprobieren andererseits sollte der Besucher angesprochen werden. Am 3. Mai 2004 eröffnete der Leiter des Kirchenbezirks, Bezirksältester Wolfgang Wintzen, die Ausstellung. Eine Einführung in die Thematik gab der Vorsteher der Gemeinde Marbach, Evangelist Jürgen Wankelje. Die Ausstellung lud dann, wie angekündigt, zum "Anfassen und Erleben" wie auch zum Nachdenken und Nachempfinden ein. Und die Einladung wurde angenommen. Im Lauf des Monats Mai kamen rund 600 Kirchenmitglieder und Gäste. Wer noch mehr erleben und erforschen wollte, konnte das Bilderrätsel mit Symbolen für die einzelnen Gebote oder ein computeranimiertes Bibelrätsel lösen. Vielleicht hat der eine oder andere eine Postkarte mit den Symbolen aus Marbach erhalten; auch dies gehörte zur Ausstellung und zu der Aufgabe "Nächstenliebe leben".Dies alles geschah mit Liebe zum Detail, ohne sich in Details zu verlieren. Das große Ganze – das Leben der Gebote – sollte schließlich immer im Vordergrund stehen!